veröffentlicht am Freitag, 29.05.2015


Am 14. Juni 2015 hat das Schweizer Stimmvolk über eine Änderung des Artikels 119 in der Bundesverfassung abzustimmen. Die vermeintlich marginale Anpassung soll den Weg für die Präimplantdiagnostik (PID) ebnen. Im Falle einer Zustimmung kann das bereits revidierte Fortpflanzungsmedizingesetz im Bundesblatt veröffentlicht werden und es beginnt die Referendumsfrist zu laufen. Besagtes Gesetz soll Paaren die Träger von schweren Erbkrankheiten sind oder Paaren die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können neu ermöglichen, künstlich befruchtete Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf allfällige Gendefekte zu überprüfen und erblich vorbelastete Embryonen sowie Embryonen mit schlechtem Entwicklungspotential auszusortieren.        
Bei der Diskussion um die Zulassung der PID geht es um eine hoch ethische Fragestellung, bei der alle Stimmberechtigten vielmehr nach ihrer Wertehaltung, als nach einem bestimmten Parteiprogramm entscheiden sollten. Persönlich lehne ich die Zulassung der PID ab. Weshalb? Mit der Untersuchung und der Auswahl der Embryonen fällt ein betroffenes Paar unweigerlich ein Urteil darüber, welches Leben aus ihrer Sicht lebenswert ist. Behinderte Personen würden dadurch im Alltag eine unnötige Stigmatisierung als unerwünschte und vermeidbare Risiken erfahren. Die gesellschaftliche Akzeptanz würde sinken – ein Schlag ins Gesicht für alle Behindertenorganisationen. Des Weiteren sollte man sich stets bewusst sein, dass die heute angedachte PID noch lange nicht das Endstadium der wissenschaftlichen Forschung darstellt. Die neue Formulierung im Verfassungstext ebnet den Weg für weitere Neuerungen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin, welche mit einer abermaligen Gesetzesanpassung am Volk vorbei eingeführt werden können. Denkbar wäre beispielsweise eine Ausweitung der Embryonentests auf die Überprüfung gewisser körperlicher Eigenschaften, aber auch die künstliche Herstellung von Retterbabys zur Stammzellenproduktion. Ob diese Entwicklungen tatsächlich wünschenswert wären gilt es kritisch zu hinterfragen.       
Auf Grund der zu befürchtenden gesellschaftlichen Diskreditierung behinderter Menschen und des ungewissen Ausganges künftiger fortpflanzungsmedizinischer Experimente, lege ich am 14. Juni ein bestimmtes Nein zur PID in die Urne.

(Sandro Morelli, Präsident JCVP Kanton St.Gallen, Nationalratskandidat)